Im Vergleich zur Mosel ist der Anteil der trockenen Weine an der Nahe höher. Und anders als im Rheingau gibt es an der Nahe keine Riesling-Monokultur. Die Nobelrebe steht dort wirklich nur in den besten Lagen. Mit 27 Prozent ist ihr Anteil am Rebensortiment vergleichsweise gering. Zwei andere Weine, mit denen die Nahe brilliert, sind der Weiß- und der Grauburgunder. Sie fallen zwar nicht so stoffig aus wie ihre badischen Pendants, sind dafür aber geschmeidiger. Auch der Spätburgunder bringt in den wärmeren Bereichen des Anbaugebiets gute Qualitäten. Müller-Thurgau, Dornfelder und Silvaner werden jedoch häufiger angebaut, wobei die Vielfalt der Stile und Geschmacksrichtungen immer wieder beeindruckend ist. Schaumwein- und Perlwein, Blanc de Noirs, liebliche Rot- und halbvergorene Weissweine, echte Hochgewächse und dilettantische Cuvées - es gibt kaum etwas, das im Anbaugebiet nicht produziert wird. Die Nahe ergibt Weine, die mit denen der benachbarten Anbaugebiete Mosel und Rheingau absolut auf Augenhöhe sind, sie manchmal sogar überstrahlen.
Die Nahe selbst ist ein Flüsschen, das im Hunsrück entspringt und bei Bingerbrück in den Rhein mündet. An vielen Stellen ist sie nur ein Bächlein, das munter durch Wiesen und Auwälder plätschert, während sich links und rechts steile Hänge und schroffe Felswände aufbauen. Ausgeräumte Landschaften, die von jeglichen Bäumen, Hecken, Feldgehölzen befreit wurden wie in Rheinhessen, gibt an der Nahe nicht, nicht einmal droben auf den Höhen des Hunsrück, wo der Wind kalt über die Äcker pfeift. Dass in den Weinbergen überall die Vögel zwitschern, gehört allerdings in den Bereich lokaler Schönfärberei. Die Nahewinzer sind weder Romantiker noch Ökofreaks. Nüchtern, aber nicht kühl - so könnte man sie beschreiben. Dass sie reihenweise Nistkästen in ihren Weinbergen aufhängen, ist nicht bekannt.